Livekonzert
im hr-Sendesaal
Über unser Duo
Unser Duo hat sich 2020 gegründet, also just im Coronajahr. Wir waren fasziniert von der Aufgabe, barockes Repertoire mit einem einzelnen Bassinstrument als Begleitung zum Erklingen zu bringen.
Interessanterweise ist diese Praxis auch historisch belegt. Die großen italienischen Komponisten ihrer Zeit – Corelli, Veracini und Tartini – haben allesamt ganze Konzertreisen veranstaltet mit ihren Cellisten als Duopartnern und ihre Werke unter Verzicht eines Tasteninstrumentes wie dem Cembalo zur Aufführung gebracht. Allerdings ist es heutzutage ein eher seltenes Phänomen, eine solche Besetzung im Konzert zu erleben.
Wir loten in unseren Interpretationen das Klangspektrum, die Ausdruckstiefe und die Feinheiten des Zusammenspiels als Duo aus. Immer wieder überrascht uns die Vielfalt, Flexibilität und der musikalische Gestaltungsspielraum dieser kleinen Besetzung.
Wer wir sind
Rebecca Raimondi beschäftigt sich künstlerisch vor allem mit der Aufführungspraxis des barocken und klassischen Repertoires. Sie tritt als Mitglied ihres Duos, in ihren Ensembles „La Tabatière” und “Cappella Sollertia”, sowie auch als Solistin auf. Regelmäßig spielt sie mit Orchestern wie dem FBO oder dem Dresdner Festspielorchester. Zur Zeit fokussiert sie sich auf das
Repertoire des Hoch- und Spätbarock, sowie auf die Recherche unbekannter und vernachlässigter Werke und Komponist*innen des frühklassischen Stils.
Musik in all ihrer Komplexität und emotionalen Kraft miteinander zu teilen, ist eine elementar wichtige Erfahrung für Barockcellistin Sylvia Demgenski. Mit ihrer sowohl sensiblen als auch leidenschaftlichen Art zu spielen, ist sie in verschiedenen Ensembles aktiv, wie ihrem Duo Raimondi Demgenski, dem Trio Radiant und der Kammerphilharmonie Frankfurt. Außerdem kuratiert sie die Konzertreihe Barock², aus der sich auch die Produktion der neuen CD mit Duopartnerin Rebecca Raimondi entwickelt hat (Release 2023).
Unsere Story - Backstage
Wie gründet man eigentlich ein Duo im Corona-Lockdown?!

Die Coronajahre sind eine erstaunlich spannende Zeit für uns geworden!
Wir haben eine kleine eigene Konzertreihe geschaffen, ein neues Duo gegründet, das wohl unter normalen Umständen so nie zustande gekommen wäre und haben im Jahr 2022 unsere CD aufgenommen, die voraussichtlich 2023 veröffentlicht wird.
Aber von vorne: Als freischaffende Musikerinnen waren wir zu Beginn des erstens Lockdowns wie gelähmt. Uns standen keine Möglichkeiten zur Verfügung, unsere Tätigkeit ohne Weiteres in den digitalen Raum zu verfrachten.
Was konnte man überhaupt tun? Eine Cellokollegin und ich spielten im April Konzerte für Seniorenheime “vor der Tür” und Ende April 2021 fingen auch Rebecca Raimondi und ich an, im Rahmen der Nachbarschaftsmusik der Kammerphilharmonie Frankfurt open air in unseren Nachbarschaften zu spielen. Uns war aber schnell klar, dass wir mehr versuchen wollten! … Nun, man musste den Regeln folgen. Also lag es nahe, das Konzertformat so anzupassen, dass man Publikum und Besetzungsgröße so weit es geht reduziert. Mit diesem Grundgedanken überlegte ich mir ein neues Format – Barock² war geboren!
Das Konzept:
2 Musikerinnen spielen für 2 Zuhörer*innen Barockmusik in einem 15-minütigen Konzert. Das Publikum ist trotz vorgeschriebenem Corona-Abstand den Musikerinnen ungewöhnlich nah, da die Masse des Zuschauerraumes weg fällt. Die Interaktion der Musiker*innen und dem Publikum wird wie im Vergrößerungsglas spürbar.
Rebecca Raimondi und ich hatten zuvor schon in verschiedenen barocken Kammermusikprojekten zusammen gearbeitet, jedoch noch nicht in dieser speziellen Besetzung. Barocke Duokonzerte sind zwar historisch belegt, jedoch heute selten auf der Bühne zu sehen. Barockmusik mit Melodieinstrument und einem einzigen Bassinstrument als Continuo war für uns beide Neuland und vor allem für mich als Cellistin eine spannende neue Herausforderung.
Wir fanden in Michael Riedel einen Frankfurter Kantor, der freischaffende Musikerinnen in dieser Zeit unterstützen und dieses Experiment mit uns wagen wollte – er stellte seine Epiphanias Kirche und sich selbst als Betreuer des Publikums zur Verfügung.
Das erste Konzert Anfang Juli 2020 war so unfassbar anders! Nach all der Zeit wieder ein Konzert zu spielen und die Reaktion der Menschen so unmittelbar zu spüren, war überwältigend – sowohl für uns als auch für das Publikum. Jedes Paar, das zu uns kam, fühlte sich anders an und die Nähe des Konzertformates verstärkte alles um das Vielfache. Nach jeder der 15-minütigen Begegnungen fühlte man sich trotz der Kürze der Zeit zutiefst berührt, erfüllt und in Dankbarkeit miteinander verbunden.
Wir konnten einige der Konzerte aufführen – und dank eines Stipendiums der Hessischen Kulturstiftung eine ganze Konzertreihe planen. Gerade als wir damit richtig loslegen wollten, kam der Novemberlockdown. Ich verbrachte mehrere Stunden damit, beim Gesundheitsamt eine Sondergenehmigung für unser doch SEHR coronagerechtes Format zu bekommen. Ich wurde von einer Telefonnummer zur nächsten geleitet, nur um dann eine unpersönliche standardmäßige Absage per Mail zu bekommen. Das war ganz schön bitter für uns. Da hatte man eine Möglichkeit gefunden, Kultur, Gemeinsamkeit und Lebensqualität zu erhalten! Aber die Mentalität des Regeln-Einhaltens, die uns einerseits als Gesellschaft schnell befähigt hatte, einen Lockdown durchzusetzen, Masken zu tragen und aufeinander zu achten, zeigte hier andererseits ihre negative Seite der fehlenden Flexibilität und des generischen Im-Zweifel-Nein-Sagens.
Zum Glück ermöglichte ein Stipendium des Kulturfonds Rhein Main im Dezember, Videos unserer Arbeit aufzunehmen. Und ganz besonders hat es uns gefreut, dass wir im Januar 2021 auch noch ein Stipendium des Deutschen Musikfonds erhielten, um eine CD mit unserem erarbeiteten Repertoire aufzunehmen.
Wir sind aus allen Wolken gefallen, als dann sogar der Anruf vom Hessischen Rundfunk kam, dass wir beim Format “bühne frei” mitwirken dürfen! Wir haben uns wahnsinnig gefreut und waren tief berührt, dass Laith Al-Deen uns und unsere Musik für dieses Programm ausgewählt hat. Die Produktion war spannendes Neuland für uns und ehrlich gesagt, sind wir wie im Rauschzustand hindurch geflogen. Wir können es kaum glauben, dass es tatsächlich stattgefunden hat! 😀
Mittlerweile haben längst weitere Barock²-Konzerte stattgefunden!
Die Coronajahre haben uns zwei Dinge gelehrt – dass wir mit Resilienz und Kreativität in jeder Krise Wege finden können. Und es hat uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, warum wir überhaupt Musikerinnen geworden sind – die Verbindung und Energie, die sich herstellt, wenn man Musik für einen anderen Menschen spielt, ist immens groß und vor allem in diesen Zeiten heilsam. Wir haben nie so deutlich gespürt, wie relevant Kultur, Musik und das gemeinsame Live-Erleben ist wie im vergangenen Jahr. Und dafür sind wir sehr dankbar!